1. FC Nürnberg: Jetzt spricht Roth

Der Ehrenpräsident sorgt sich um seinen Club: Er attackiert die Führung, stützt den Trainer und wundert sich über den Neubau des Funktionsgebäudes
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Erstaunlich: Obwohl Michael A. Roth in seiner Amtszeit beim FCN 15 Trainer verschliss, geht der 74-Jährige mit Michael Oenning (rechts) milde um: „Er und die Mannschaft tun mir leid.“
Wolfgang Zink Erstaunlich: Obwohl Michael A. Roth in seiner Amtszeit beim FCN 15 Trainer verschliss, geht der 74-Jährige mit Michael Oenning (rechts) milde um: „Er und die Mannschaft tun mir leid.“

Der Ehrenpräsident sorgt sich um seinen Club: Er attackiert die Führung, stützt den Trainer und wundert sich über den Neubau des Funktionsgebäudes

NÜRNBERG Herrliches Wetter, 26 bis 30 Grad plus, Sonne pur: FCN-Ehrenpräsident Michael A. Roth hat wie in jedem Jahr sein Winterdomizil im US-Bundesstaat Florida aufgeschlagen. Doch selbst im fernen St. Petersburg bleibt der 74-jährige Teppich-Unternehmer auf seinem feudalen, teils von einer Lagune umgebenen Anwesen nicht von der Club-Krise verschont. Roth macht sich große Sorgen. Und spricht im großen AZ-Interview Klartext!

AZ: 270 Minuten ohne Tor, neun Gegentreffer in den letzten drei Partien. Spätestens das 0:4 gegen den Hamburger SV geriet zum Offenbarungseid. Ihr Urteil, Herr Roth?

MICHAEL A. ROTH: Wo kein Chef ist – oder zumindest eine Person, vor der man ungeteilt Respekt hat –, geht eben nix. Beim Club scheint derzeit viel durcheinander zu laufen. Ich habe ja nicht aus Jux und Tollerei bereits im November 2008 darauf hingewiesen, dass mir einiges nicht gefällt.

Sie waren mit Manager Martin Bader und dem kaufmännischen Vize Ralf Woy via AZ hart ins Gericht gegangen, hatten dem Duo Alleingänge unterstellt, sprachen von Vertrauensmissbrauch.

Die beiden fällten mehrere Entscheidungen, die am Präsidium vorbeigingen. Als ich damals auf den Tisch gehauen habe, waren sie geschockt. So reagiert man doch nicht, wenn man sich nichts vorzuwerfen hätte, oder? Folge war, dass die Mannschaft nach dem unsäglichen 0:0 gegen den FSV Frankfurt gleich eine Trotzreaktion gezeigt hat, in Ingolstadt gewann und so den Umschwung eingeleitet hat.

Poltern als Methode?

Ganz klar. Ein Uli Hoeneß feuert bei den Bayern bisweilen auch mal gewaltig einen raus. Damit ist es dann gut, man hat wieder Erfolg. Auch Felix Magath setzt auf diese Masche.

Sie waren geradezu berüchtigt dafür.

Ich habe meinen Job immer gemacht. Und mich letztes Jahr dann nur zurück gehalten, um mir nicht vorwerfen lassen zu müssen, ich würde den Aufstieg gefährden. Und ich hatte das Gefühl, man wollte mich loshaben. Auch deshalb bin ich im Juni zurückgetreten. Weil ich mit solchen Leuten, die denken, sie wissen alles besser, nicht zusammenarbeiten kann. Jetzt können sie es beweisen.

Wer genau?

Ich will niemanden angreifen. Ob ich jemandem etwas zutraue oder nicht, sei dahingestellt. Manchmal wächst der eine oder andere ja über sich hinaus. Über aktuelle Vorgänge weiß ich nichts. Aber: Wie gut oder schlecht jemand arbeitet, das zeigt die Tabelle.

Platz 17, kümmerliche zwölf Punkte, selbst Heimspiele sind scheinbar nur noch etwas für Masochisten.

Sparsamkeit und zielgerichtetes Arbeiten ist leider nicht mehr. Mir tun die Mannschaft und Trainer Michael Oenning sehr leid.

Hört, hört – ist der Trainer-Killer altersmilde geworden?

Wenn die wirtschaftliche Lage nicht passt, dann kann auch die sportliche Situation nicht stimmen. Wir hatten lange an den Folgen zu knabbern, als vormals aus Größenwahn überflüssige Bauten am Valznerweiher entstanden sind. Bis vor drei Jahren haben wir daran gekaut – und hatten nach der Entschuldung sportlichen Erfolg.

Pokalsieg 2007, Uefa-Cup-Teilnahme, aber dennoch Abstieg im Folgejahr...

Weil vieles nicht gepasst hat und Verträge vorzeitig verlängert wurden. Herr Bader klärt ja leider niemanden auf. Die letzte Jahreshauptversammlung mit einer miserablen Bilanz von 5,8 Millionen Euro Miesen wurde ja auch ganz geschickt geleitet. Kurz vor Mitternacht hatte kein Mitglied Lust, bohrend nachzufragen.

Dafür kommt jetzt das auch von Ihnen vor Jahren angedachte Funktionsgebäude.

Wollen die auf goldenen Sesseln sitzen? In noch größeren Büros? Der Bau ist zum jetzigen Zeitpunkt unnötig. Die Mannschaft hat tolle Räume. Da muss nur ein bisschen desinfiziert und neue Farbe aufgetragen werden – das reicht! Die Jugend ist gut untergebracht, und ein Museum braucht jetzt auch niemand. So ein Prunkbau kostet auch Unterhalt. Dafür wird mit sechs Prozent Zinsen auf die Anleihe gelockt. Das ist Unsinn! Wenn investiert werden muss, dann in die Mannschaft. Wer bezahlt denn die Rechnung im Falle des Abstiegs?

Vielleicht Sie mal wieder?

Wie bitte? Sicher nicht! Meine ganze Zeit und Energie wende ich für meinen Laden auf, den ich trotz Wirtschaftskrise gut im Griff habe.

Weil es gerade weihnachtet: Sie haben einen Wunsch frei.

Danke, gerne. Den gebe ich aber an Trainer und Mannschaft weiter: Sie sollen drei Punkte aus Köln mitbringen. Interview: Markus Löser

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