0:4! Die Club-Fans toben – Oenning gibt Fehler zu

„Herbst-Depression“ nach der „Vorführung“ in Leverkusen. Trainer kündigt „Neustart“ gegen Hertha an. Bader: „Mit Händen und Füßen wehren“
NÜRNBERG/LEVERKUSEN Keine Punkte, keine Stimmung – FCN. Die treuesten Club-Anhänger verweigerten am Samstag bei der 0:4-Klatsche in Leverkusen in Halbzeit zwei die Unterstützung. Trainer Michael Oenning hat es die Stimme nicht verschlagen. Im Gegenteil: Er räumt Fehler ein, will jetzt in der zweiwöchigen Länderspielpause „einen Neustart anfangen“.
Aus Erfahrung klug?
Der 44-Jährige hat halt doch Ahnung. Über den Begriff „Offenbarungseid“ in der AZ hatte sich Oenning nach der 0:1-Blamage gegen Bochum echauffiert: „Das ist, wenn gar nichts mehr geht, man völlig am Boden ist.“ Klar, und? Hatte Oenning etwa ein Gespür, dass es in Leverkusen noch grausamer werden wird? Was gibt es eigentlich schlimmeres als Offenbarungseid? Den Super-Gau? „Teilweise wurden wir richtig vorgeführt“, gesteht Torhüter Raphael Schäfer.
Die Rotation geht weiter
In Leverkusen war von Erstliga-Reife oder wenigstens -Tauglichkeit nichts zu sehen. Oenning hatte die Rückkehr zum Erfolgssystem 4-1-4-1 ausgerufen, hielt allerdings mit fünf neu besetzten Positionen an seiner Rotation fest. „Dazu sage ich gar nichts, das bringt nur wieder Unruhe“, verkneift sich Peer Kluge, anders als Schäfer vor eineinhalb Wochen, harsche Kritik. Diesmal war die Aufstellung, wenn auch mit Überraschungen garniert, nachvollziehbarer. „Verletzungen und Formschwächen geschuldet“, erklärt Oenning. Zusatz: „Sicher nicht meine Wunschelf.“
Ohne Sachzwänge wäre es zuvor sinnvoller gewesen, seinen jugendlich angehauchten Kader nicht mit einer immer wieder neuformierten Startelf an die raue Luft in Liga eins zu gewöhnen: „Wir haben zu der Zeit gewechselt, als wir eigentlich ganz gut da standen, haben gesagt: Okay, für die drei Spiele wäre es sinnvoll, mal etwas zu ändern. Aber wir haben ja nicht komplett durchgewechselt.“ Die Rotation während der englischen Woche in München, gegen Hoffenheim und Bochum waren der Beginn „der Herbst-Depression“, wie Manager Martin Bader die Krise umschreibt.
Und so wurde gestern in der Umkleide am Valznerweiher Tacheles geredet. Nachdem der Anhang in Leverkusen auf die Barrikaden gegangen war, die Spieler wüst beschimpfte, vereinzelt Wurfgeschosse aufs Feld geschleudert wurden. Gesellt sich zum sportlichen Tief auch noch der Bruch mit den Fans? „Auch wir sind enttäuscht, dass wir in der Tabelle zurecht so weit unten stehen“, warnt Schäfer. „Wir haben alle Baustellen klar angesprochen", sagt Bader. „Ich werde mich aber jetzt nicht auf die Zweite Liga 2010/11 vorbereiten. Wir müssen den Fans vermitteln, dass wir uns künftig mit Händen und Füßen wehren werden.“
Oenning: "Ich bin nicht nett"
Oenning verrät, wie sein „Neustart“ aussehen soll: „Es geht nicht um nett sein, das bin ich auch nicht. Ich muss eine verunsicherte Mannschaft daran erinnern, dass sie auch was kann. Ruhe bewahren und Härte schließen sich dabei nicht aus. Wir müssen eine Reaktion zeigen, müssen gegen Hertha Berlin gewinnen. Das wissen wir alle!“
Über dem passenden Personal brütet er noch: „Wir werden herausfiltern, wer in der Lage ist, in dieser schwierigen Situation zu bestehen?“ Ja, wer eigentlich? Er? Die Spieler? Gemeinsam? Herbst-Depression eben. Markus Löser
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