0:119 Tore in 5 Spielen: Die Chaos- Kicker von Forchheim
Ein Fall fürs Guinness-Buch: Beim Kreisklassisten „Germania“ geht’s noch mehr drunter und drüber als beim Club! Aber: „Der Klassenverbleib ist möglich“
FORCHHEIM Es könnte alles so schön sein bei der traditionsreichen Germania: Auf ihrer Website zünden die Forchheimer virtuelle Feuerwerks-Fontänen zum hundertjährigen Vereinsjubiläum, ein Banner wirbt für das Alte-Herren-Turnier am 13. September, darüber prangt stolz das gelb-grün-weiße Wappen mit dem Fußballstiefel in der Mitte.
Derzeit schnüren die „Germanisten“ davon Spieltag für Spieltag 22 linke: 0:119 Treffer lautet die sensationelle Negativ-Bilanz der Kreisklassisten in der laufenden Saison – und das nach gerade mal fünf Spieltagen! Für die Statistiker: 23,8 Tore haben die Forchheimer pro Spiel kassiert, alle vier Minuten treffen die Gegner bei den allwöchentlichen Schützenfesten. „Hier laufen Spieler auf, die keine Kneipenmannschaft auf den Platz schicken würde“, sagt ein Forchheimer Insider: „Als ob der Trainer am Wochenende durch die Straßen läuft und alles einsammelt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.“
Verhältnis zwischen Spielern, Trainer und Vorstand „ist sehr gut“
Ganz so schlimm (obwohl die Bilanz diese These unterstützt) ist’s aber nicht – oder doch? Schließlich handelt es sich bei den Germanisten zum Teil um gestandene Freizeitkicker. Der mit dem undankbarsten Job, Torwart Stefan Gebauer (24), blickt auf eine ansehnliche, achtjährige Karriere bei den Jugendteams des 1. FC Burk zurück. Nach einer Verletzung lief dann aber nix mehr – bis Gebauer bei den Stammtisch-Kickern seiner Lieblingskneipe „Seitensprung“ anheuerte.
Die trainieren auf dem Germania-Gelände im Forchheimer Osten. Und als den Platzherren, die noch vor einigen Jahren fast den Sprung in die Bezirksliga geschafft hätten, einige „Unregelmäßigkeiten“ Kassenebbe bescherten, der Abstieg in die Kreisklasse unabwendbar war, und die Spieler in Scharen davonliefen, fragte die neue Vorstandschaft mal unverbindlich bei den „Seitenspringern“ an: Fünf davon ließen sich rekrutieren.
Bloß nicht der eingespielte Abwehrriegel...
So musste Keeper Stefan in nur 450 Spielminuten 119 Mal hinter sich greifen. Da hat Frankens traurigster Torwart bei seinem Job im Freizeitpark Schloss Thurn wahrlich mehr zu lachen. „Anfangs war ich stocksauer“, blickt er zurück. Aber Anschreien und Beschimpfungen sind halt nicht mannschaftsdienlich: „Wir müssen das positiv sehen“, gibt er die Parole aus, schließlich „können wir nur besser werden.“ Der Klassenverbleib nach fünf Niederlagen sei ja durchaus noch drin – wenn bloß die Germania attraktiver wäre für ambitionierte Kicker auf Vereinssuche.
„Wir ziehen die Saison auf jeden Fall durch“, meint der Käpt’n kämpferisch. Um vielleicht – wenn es mit den heilbringenden Transfers nix mehr wird – nächstes Jahr in der A-Klasse neu durchzustarten. Köpfe werden bis dahin übrigens nicht rollen: „Das Verhältnis zwischen Mannschaft, Trainer und Präsidium ist sehr gut“, sagt Gebauer: „Die sind froh, dass wir jedes Wochenende auflaufen.“
Beim Heimspiel gegen die SpVgg Zeckern am heutigen Samstag (16 Uhr) wird der Stammkeeper allerdings fehlen: „In Hallerndorf hab’ ich mir einen Kaspselriss geholt.“
Bei einem der 23 Gegentreffer.
Steffen Windschall
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